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Tag 106-114 | Fußball, Tango und Kaffee – auf nach Argentinien

  • Autorenbild: Losgelöst
    Losgelöst
  • 31. Mai 2020
  • 20 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Juni 2020

Samstag, 22.02.2020 – Sonntag, 01.03.2020 | Buenos Aires



Allein in Buenos Aires leben ca. 15 Mio Menschen, was die Stadt zu einer der größten Südamerikas macht. Wir freuen uns auf Argentinien. Seine Ausmaße reichen vergleichsweise vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Europas, das Land hat aber nur halb so viele Einwohner wie Deutschland. Es ist das größte Land, das wir auf unserem gemeinsamen Weg bisher bereisen. Wir haben viel vor – die Hauptstadt, die Iguazú-Wasserfälle, Patagonien, das Ende der Welt in Ushuaia – Argentinien ist ein Land der Superlative und wir können es kaum erwarten, alles zu entdecken.


Es geht auf in ein neues Land, neue Abenteuer und eine neue Welt. Wir sind etwas voreingenommen, haben wir doch bisher oft zu hören bekommen, dass man in Südamerika auf der Hut sein soll und dass man sich nur in Uruguay so frei bewegen kann, was eine Ausnahme für ganz Südamerika darstellt.


Deshalb laufen wir an diesem Samstagabend mit einem wachsamen Blick und den Händen fest an den Tragegurten unserer Backpacks durch die Straßen, nachdem wir mit der Fähre von Colonia del Sacramento nach Buenos Aires gefahren sind.

Foto: Der Hafen erinnert ein wenig an den Hamburger Hafen, oder?


Obwohl der erste Eindruck ein ganz anderer ist: schicke Restaurants und Bars, ein sauberer Hafen, freundliche Gesichter. Der Hafen erinnert ein wenig an Hamburg – gewaltige Kräne und Gebäude mit Spiegelfassaden ragen hier entlang des Wasserbeckens empor. Ohne es zu wissen, schlendern wir durch die erste Sehenswürdigkeit: den Puerto Madero, dem Hafen in Buenos Aires. Vielleicht sind wir in einer schickeren Gegend. Unser Ziel ist der Plaza de Mayo, das Zentrum der Stadt, um von dort mit der Ubahn zu unserem Hostel zu finden.

Wir staunen nicht schlecht, als wir eine halbe Stunde später an einem stark bewachten palastähnlichen Gebäude vorbeilaufen – das Argentinische Verteidigungsministerium. Alle Blicke der Wachposten sind auf uns gerichtet, sodass wir uns gar nicht trauen, die Kamera auszupacken. Lieber weiter gehen. Wir sind ja schließlich immer noch auf der Hut. Wenige Minuten später erreichen wir den zentralen Platz, den wir gesucht haben. Der Plaza de Mayo (auch Mai-Platz) hat seinen Namen von der Revolution im Mai 1810, die Argentiniens Unabhängigkeit auslöste. Zum 100. Jahrestag und gleichzeitig Andenken an diese Revolution wurde die Mai-Pyramide erbaut. Hier steht auch der rosafarbene Präsidentenpalast mit passendem Namen Casa Rosada, wir wir in einigen Tagen herausfinden werden. Amtierender Präsident Argentiniens ist übrigens Alberto Fernández seit Dezember 2019.

Fotos: Der Plaza de Mayo mit der Casa Rosada im Hintergrund (erstes Bild) bildet den zentralen Punkt in Buenos Aires. Von ihm führt die Avenida de Mayo in das Stadtinnere.


Als wir uns vor der richtigen Ubahn-Station vorfinden und fragend auf das Absperrband vor uns schauen, spricht uns ein Mann an. Er erzählt uns, dass aufgrund des Karnevals die Stationen rund um den Plaza de Mayo geschlossen sind und zeigt in die Richtung, in der die nächste geöffnete Station liegt. Mit einem „Herzlich Willkommen in Buenos Aires“ verabschiedet er sich. Wir setzen unseren Fußmarsch fort. Die Hauptstaße „Avenida de Mayo“ ist mit Fähnchen geschmückt. Es werden Bühnen aufgebaut. Wir behalten das im Hinterkopf, als wir die Stufen zur U-Bahn-Station hinunterstapfen. Das Prinzip ist sehr simpel: man kauft sich eine aufladbare Karte und für eine Fahrt zahlt man umgerechnet ca. 25 Cent (je nach Kurs). Das ist unglaublich günstig – und einfach. Wir haben nur ein Problem: die Karte kann man sich nur mit Bargeld kaufen.


Deshalb müssen wir wieder zurück und eine Möglichkeit suchen, um unsere in Uruguay abgehobenen US-Dollar in argentinische Pesos zu tauschen. Wir haben davon gelesen und uns entschieden, das Geld erst hier vor Ort zu tauschen, um auf einen höheren Kurs zu hoffen. Denn der Kurs ist sehr instabil und die meisten Leute trauen dem Dollar mehr als dem Peso. Außerdem kostet uns jede Abhebung am Automaten ungefähr 15 Euro – ein Betrag, der nicht von unserem, aber von dem argentinischen Bankunternehmen zustande kommt. Wir haben zuvor auch gelesen, dass der Tauschkurs in den offiziellen Wechselstuben nicht gerade lukrativ ist – im Gegensatz zum Kurs auf dem Schwarzmarkt. Oder eher gesagt Graumarkt. Denn Geld bei inoffiziellen Wechselstuben zu tauschen ist nicht gänzlich illegal, eher eine Grauzone. Es wird nicht gern gesehen, aber geduldet. Wir wissen, dass die Leute der inoffiziellen Stuben allein auf einen zukommen, indem sie einfach nur „dinero?“ oder „cambiar dinero?“ im Vorbeigehen fragen. Wir wollen es versuchen und laufen durch die Straßen, nicht unweit der Ubahn-Station. Keine 5 Minuten später sehen wir einen jungen Mann an einer Kreuzung, der uns mit genau diesen Worten anspricht. Unsere Strategie: erst nach dem Kurs fragen, und dann zu- oder absagen. Eine Verhandlung auf Spanisch führen – check. Aber wir haben gelernt, dass Kommunikation auch ohne große Satzkonstruktionen funktioniert. Lieber klare und direkte Worte. Lukas spricht, ich verstehe die Antworten, so kommen wir zu dem Ergebnis: der Kurs auf dem Schwarzmarkt steht bei 72 Pesos pro Dollar. Wahnsinn, denn der offizielle Kurs liegt bei 62 Peso. Für uns klingt es nach einem guten Geschäft und wir folgen dem jungen Kerl, der nicht älter aus 18 sein muss, die Straße entlang. „Wir gehen zum Office“, sagt er. Ein bisschen mulmig ist uns schon, immerhin haben wir nicht damit gerechnet, dass er 3 Minuten lang mit uns spazieren geht und uns zu einem Office führt, was auch immer man sich darunter vorstellen soll. Doch eine offiziell wirkende Wechselstube? Oder nur die nächste dunkle Gasse, in der seine Freunde auf uns warten?


Aber wir üben uns im Vertrauen, man muss auch mal seine Komfortzone verlassen, oder wie war das? Wenig später sagt er, dass wir kurz warten sollen. Verwundert schauen wir auf einen kleinen Blumenladen, mitten auf dem belebten Fußweg der Straße. Der Laden sieht aus wie ein umfunktionierter Imbissstand mit einer kleinen Tür an der Seite. Daneben ein Tisch mit einem älteren Ehepaar. Als die Tür wieder aufgeht, winkt eine Dame mittleren Alters. Lukas geht mit klopfendem Herzen hinein, ich warte sicherheitshalber draußen. Lukas hält in diesem Moment übrigens in einer Hand sein Messer in der Jackentasche, wie er später verrät. Die Tür geht zu und ich warte auf dem Fußweg, während das ältere Ehepaar mich anlächelt und fragt, ob ich ein paar Blümchen kaufen möchte. Hinter mir reiht sich ein Restaurant an das nächste, Leute sitzen und essen draußen, unzählige Passanten gehen an mir vorbei. Ich frage mich, ob die Kellner, die vor den Restaurants neue Gäste begrüßen, über die Tauschgeschäfte vor ihrer Nase Bescheid wissen, kann aber auch gleichzeitig nicht glauben, dass sie es nicht tun.


Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnet sich wieder die Tür und Lukas kommt mit hochgezogenen Augenbrauen heraus. Wir verabschieden uns freundlich und gehen davon. „Und?“ frage ich ungeduldig. „Wie war es?“ Lukas verkneift sich ein Lachen, als er meint „Ich komme mir vor wie ein Drogendealer. Wir haben jetzt einfach mal 72 100 Pesos-Scheine. Deswegen hat es auch so lange gedauert. Die Frau hat mir alles in 100 Pesos – Scheinen gegeben. Und ich sollte alles noch einmal nachzählen. Wir laufen gerade mit 7200 Pesos in der Tasche durch die Stadt.“

Später im Hostel atmen wir erleichtert auf, als wir allein im Gruppenzimmer sind. Denn nun zeigt mir Lukas endlich das Geldbündel. Wir breiten es auf dem oberen Bett aus. Wahnsinn. Es sieht so viel aus, und dabei handelt es sich um knapp 100 Euro. Ein aufregender erster Tag geht zu Ende.

Fotos: 7200 Pesos in 100 Pesos-Scheinen. Umgerechnet sind es "nur" knapp 100 Euro, aber solch einen dicken Geldbündel hatten wir noch nie in der Hand.


In den folgenden Tagen gehen wir unserer Entdeckerlust nach. Die Sonne scheint herrlich und wir schlendern durch das Viertel. Was uns auch heute wieder auffällt ist das sichere Gefühl, das wir haben. Die Straßen erinnern uns an das Stadtbild in München. Alles ist schick und marmoriert. Alles glänzt. Wie wir herausfinden sind wir im Stadtviertel Recoleta, einem der elegantesten und teuersten Viertel in Buenos Aires. Wir laufen zum Cementerio de la Recoleta, dem Recoleta-Friedhof. Dieser wurde 1822 als erster öffentlicher Friedhof der Stadt erbaut und ist von vielen imposanten Mausoleen und Gewölben geprägt, die politische Führer, Präsidenten, Schriftsteller und andere Berühmtheiten unter sich begraben haben.


Fotos: Man kann einige Stunden in dem Recoleta-Friedhof verbringen. Es gibt unzählige kleine Gassen, in denen sich ein Gewölbe an das nächste reiht.


Beeindruckt und ein wenig ehrfürchtig schlendern wir zum angrenzenden Park am Plaza Francia, auf dem eine unserer neu gewonnenen Lieblingsaktivitäten stattfindet: eine Feria! Wir haben solche Straßenmärkte schon in Montevideo lieb gewonnen, nur sind sie hier in Buenos Aires etwas ausladender. Anstatt Obst und Gemüse wird hier auch Handwerkskunst verkauft. Gemälde. Schmuck, Mate-Becher, Lederwaren gilt es hier genauso gut zu bewundern wie auch Tango-Tänzer, Gaucho-Vorführungen und andere akrobatische Darbietungen. Der Markt am Recoleta-Friedhof lädt jedes Wochenende auf bis zu 200 Ständen zum Staunen ein. Und wir kaufen uns eines der wenigen Souvenirs, die wir uns auf der Reise gönnen: aus Platz-Gründen versteht sich. Hier erfüllen wir uns einen Traum, den wir bereits in Uruguay zu träumen begannen: wir kaufen uns einen Mate-Becher mit Strohhalm!

Fotos: Wir schlendern durch die Straßen der energiegeladenen Stadt. Auf einem der unteren Bildern sieht man den weißen Obelisken, ein 67 m hohes Denkmal für das 400 jährige Jubiläum zur Stadtgründung. Auf dem letzten Bild sieht man das Kongresszentrum.



Wir spielen noch eine Partie Tischtennis im Kulturzentrum „Centro Cultural Recoleta“ und wandern ein wenig durch die Stadt, vorbei am Nationalmuseum der Schönen Künste und der Rechtsfakultät, hin zum Kongresszentrum, bis wir zur Avenida de Mayo gelangen. Hier versammeln sich unzählige Leute, durch die wir unseren Weg bahnen. Im Kulturzentrum haben wir zufällig eine Zeitschrift entdeckt, die vom letzten Tag des Karnevals berichtet. Dieser findet heute auf der Avenida de Mayo statt. Das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Ohne es geplant zu haben, dürfen wir uns den Eröffnungsumzug in Montevideo und nun den letzten Umzug in Buenos Aires ansehen.


Nur bekommt man hier Einiges mehr zu sehen, haben wir das Gefühl. Die Besucher werden kostenlos geschminkt und verziert und beim Umzug werden kleine Tanzeinlagen vorgeführt, was in Montevideo nur den bezahlenden Zuschauern vorbehalten war. Die Kostüme der Karnevalisten sind aber gleichermaßen kunterbunt, schrill und bezaubernd.



Fotos / Videos: Karneval in Buenos Aires - bunt, schrill, leuchtend, bezaubernd!



Buenos Aires ist riesig. Das erkennen wir schnell, da es unzählige Orte zu entdecken gibt. Wir lesen verschiedene Reiseführer, durchforsten das Internet nach Ausflugstipps und sind leicht überfordert von der Menge an Informationen. Wenn man schon einmal in solch einer besonderen Stadt ist, möchte man auch so viel wie möglich mitnehmen. Oft lesen wir von Dingen, die man getan oder erlebt haben muss, um behaupten zu können, dass man in Buenos Aires war. Aber wieso eigentlich? Nach einigen Tagen in dieser Stadt wird uns bewusst, dass wir uns auch nicht zu viel vornehmen dürfen...und auch nicht wollen.


Wir spüren, dass es uns nicht so wichtig ist, welche Dinge man anderen Meinungen zufolge gesehen oder getan haben muss. Es gibt so viele To-Do-Listen für diese Stadt, mit unterschiedlichen „Pflicht-Veranstaltungen“. Uns schrecken solche Listen eher ab, weil uns etwas vorgegeben wird, wodurch wir unsere Reise beeinflusst sehen. Lieber erkunden wir auf unsere eigene Art und Weise. Wir möchten historische Gebäude oder berühmte Parkanlagen selbst entdecken und auf kreative Weise herausfinden, was es jeweils damit auf sich hat. Menschen vor Ort fragen, Info-Schilder lesen, den Ort einfach auf sich wirken lassen und selbst überlegen, welche Bedeutung er hat. So hält man sich Vieles offen, ohne das Gefühl zu haben, eine „Pflicht“ zu erfüllen.


Wir sind in Buenos Aires und werden sicherlich nicht alles sehen, was wir hätten sehen können. Aber wir haben das gesehen, was für uns relevant war, um diese Stadt für uns persönlich erlebbar zu machen. Wir entdeckten das, was wir entdecken sollten und das macht diese Stadt für uns besonders. Auf unsere eigene Art und Weise, denn wir haben nun Erinnerungen, die in keinem Reiseführer genannt werden, da wir uns selbst ein eigenes Bild gemacht haben.


Was wir damit sagen möchten, ist, dass wir viel öfter auf die Meinungen anderer pfeifen und stattdessen auf unser eigenes Gefühl hören sollten. Es ist nicht wichtig, was andere über bestimmte Dinge denken, solange du dir ein eigenes Bild machst. Mach dir ein eigenes Bild von deinem Leben und deiner Welt. Denn es ist dein Leben und du bestimmst, wie es aussehen soll und wie du es gestalten und vor allem erleben möchtest. Mach dir dein eigenes Bild von anderen Ländern und Kulturen, von deinen eigenen Fähigkeiten und lass nicht zu, dass andere über deine Vorlieben und Gefühle bestimmen. Denn das kannst nur du.


Fotos: In unseren Unterkünften hatten wir immer das Glück, einen wundervollen Ausblick über Buenos Aires genießen zu dürfen.



Während unserer Zeit in Buenos Aires fällt uns eine Besonderheit schnell auf. Die Argentinier lieben Kaffee! An fast jeder Ecke findet man ein Café, in dem sich die Menschen treffen, um zu plaudern. Die Cafés gelten als zweites Wohnzimmer und gehören fest zur argentinischen Kultur. Bei einem Café haben wir uns dann doch von den Reisetipps anstecken lassen. Wir besuchen das älteste Café der Stadt - das Café Tortoni, das 1858 eröffnet wurde. Hier trafen sich wichtige Politiker und internationale Berühmtheiten, wie z.B. Albert Einstein.

Doch bevor man in diesem Kaffeehaus einen klassischen Cortado (Kaffee mit einem Schuss Milch) genießen darf, muss man sich erst anstellen. Wir haben Glück, unsere Schlange ist nicht allzu groß, denn nach ca. 15 Minuten werden wir herein gelassen. Doch als wir das Gebäude wieder verlassen, ist die Schlange doppelt so lang.

Das Innere ist wider Erwarten riesig. Hohe Decken, zahlreiche Gemälde an den Wänden, Unmengen an Platz - und genau die nostalgische Einrichtung, wie wir sie uns vorgestellt haben. Aber leider auch irgendwie ein wenig steril und steif. Wir bekommen einen Tisch im mittleren Teil des Raumes. Jeder Tisch ist besetzt, der hintere Bereich wird für die am Abend stattfindende Tango-Show vorbereitet. Die Preise sind überraschend günstig, und die Kellner durchschnittlich freundlich. Während wir auf unsere Bestellung warten, wandern unsere Augen durch den Raum. Allein für die ganzen Gemälde an den Wänden, könnten man Stunden hier verbringen. Aber ansonsten werden wir leider nicht ganz warm mit diesem Ort. Durch die vielen Menschen ist es sehr laut und unruhig. Aber einen kleinen Spaß bietet uns unsere Bestellung: Lukas genießt einen klassischen Café Cortado, während ich mir ein "Submarino" bestelle. Mir ist irgendwie mehr nach Schoki. Umso überraschter bin ich, als ich eine Tasse Milch mit einem Schokoladenstück in Form eines U-Bootes bekomme. Während der Bestellung habe ich mir natürlich keine Gedanken um das Wortspiel gemacht. Nun weiß ich, dass ich mir meine heiße Schoki selbst zubereiten darf, indem ich das kleine Boot baden schicke.


Fotos: Das älteste Café in Buenos Aires kann uns trotz hoher Beliebtheit leider nicht vollkommen überzeugen.

Video: Mein erster "Submarino". Jeder hat jetzt das Lied "Yellow Submarine" von den Beatles im Kopf, wetten?


Da haben wir es wieder. Reiseführer können interessante Inspiration zur Erkundung von neuen Orten sein, aber jeder hat andere Vorlieben und Geschmäcker. Uns wird das Café nicht sonderlich in Erinnerung bleiben, auch wenn es interessant ist, das "älteste" Café zu sehen. Stattdessen lieben wir es, durch die Straßen (vor allem die Nebenstraßen) zu schlendern und uns auf unser Bauchgefühl zu verlassen. So finden wir die Lokale, die zu uns passen und die uns beeindrucken und berühren. Wie z.B. den Ecoparque oder eine weitere Feria.


Der Ecoparque ist der ehemalige Zoo in Buenos Aires, der 1888 eröffnet und 2016 zu einem Ökopark umfunktioniert wurde. Die einzelnen Gehege der Tiere wurden damals in den Baustilen der Herkunftsländer der Arten gestaltet. So finden sich im Park Bau- und Kunstwerke unterschiedlicher Stile. Abseits der Tiergehege gibt es große Teichanlagen. Infotafeln und Ökolehrpfade klären interaktiv über Naturschutz und Artenvielfalt auf. Solche Zufallsfunde machen uns glücklich! Natur pur mitten in der Großstadt!


Fotos: Wir verbringen einen Vormittag im kostenfreien Eco Parque und genießen die herrliche Luft und die schattigen Plätzchen.


Seitdem wir uns intuitiv durch die Stadt bewegen, stolpern wir von einer für uns wertvollen Sehenswürdigkeit in die nächste. So zum Beispiel auch in den Mercado San Telmo, von dem wir vorher nichts gelesen hatten. Er gleicht einer riesigen Markthalle, in der diverse Dinge verkauft werden. Quasi eine überdachte Feria, die in die gleichnamige Feria übergeht. Fast eine ganze Stunde laufen wir durch die Straßen und staunen über die künstlerischen Ideen an den Ständen.



Fotos: Durch Märkte und Ferias schlendern zählt zu unseren liebsten Beschäftigungen. Hier z.B. im Mercado San Telmo und der Feria San Telmo.


Danach brauchen wir eine Stärkung. Eine Sache fehlt noch auf unserer persönlichen To-Do-Liste: eine argentinische Pizza probieren! Denn die ist hier genauso beliebt wie in Uruguay. Wir bestellen uns eine Pizza mit Oliven - unsere klassische europäische Margherita ist hier in Argentinien eine Pizza Mozzarella und damit sparen die Argentinier absolut nicht. Der Käse läuft sogar über die Ränder des Holzbrettes, auf dem die Pizza serviert wird. Klassischerweise bestellen wir ein Stück Faina dazu - ein Kichererbsenteigstück, das die Argentinier auf ihre Pizza legen. Das haben wir schon in Uruguay gesehen. Dort haben wir Faina gerne auch einfach so gegessen... ohne die Pizza darunter.


Fotos: Nach dieser Pizza sind wir beide pappsatt und uns ist leicht übel. Mehr Mozzi als Teig. Die Kalorien für die restliche Woche sind aufgenommen.


Mit jedem Tag nehmen wir weitere Eindrücke auf...und ein paar Kilos zu. Aber Reisen bedeutet für uns auch, die lokalen Spezialitäten zu probieren. Dazu gehört für uns auch etwas Kultur. Woran denkt man zuerst, wenn man Argentinien hört? Nach dem Argentinischen Rindersteak? Genau - Tango! Dieser weltberühmte Tanz ist in Argentinien überall spürbar. In den Hauptstraßen, wie der Avenida Corrientes, in der wir auch unsere Pizza probierten, reihen sich Theater aneinander, in denen Tango-Shows vorgeführt werden. Solche Straßen erwachen spätabends erst zum Leben. Wir entscheiden uns, eine Show besuchen zu wollen. Wir haben uns nur vorher nicht informiert, ob das spontan geht und wie viel man dafür preislich bereit sein sollte auszugeben. Deshalb holen wir das nach...und merken schnell: es gibt wieder einmal überfordernd viele Angebote. Wir lesen uns durch viele Beschreibungen, vergleichen Angebot und Preis, sowie die Entfernung zu unserer Unterkunft. Wollen wir eine klassische Show sehen? Eine exklusive? Oder eine neu interpretierte, moderne Form? Wollen wir nur die Show sehen oder auch ein 5-Gänge-Menü vorneweg genießen? In einer Kellerbar oder über den Dächern der Stadt mit Blick auf den Hafen? Fragen über Fragen. Wir sieben aus: da es unsere erste Tango-Show ist, möchten wir eine klassische Form sehen. Mit einem guten Gleichgewicht zwischen Tanz und Gesang. In klassischen Tango-Kostümen. In einem klassischen Theater.

Was das Essen angeht, sind wir hin- und hergerissen. Es gibt mehr Angebote mit klassischem Fleisch- als mit vegetarischen Alternativen (man kann Menü-Angebot online einsehen). Aber für Nudeln 150 € bezahlen?

Nach langem Hin und Her (2 Tage Recherche liegen hinter uns) haben wir uns entschieden: wir möchten die Tango-Show im Esquina Homero Manzi sehen und nehmen wenn auch etwas widerwillig auch das Komplett-Paket, was 150 € für uns beide kostet. (Nebeninfo: Nach allem, was wir bisher über das Thema Geld gelernt haben, sind wir uns einig, dass dies sicherlich ein berechtigter Preis ist. Uns geht es um unser Bauchgefühl, das in Nudeln keine für uns erfüllende vegetarische Alternative sieht.)


Und da geschah es: als ich auf "Buchen" klicken möchte, fällt das Internet aus. Wir können nicht buchen. Ein Zeichen? Genervt mache ich den Laptop aus. Da entscheidet man sich endlich, und dann soll es nicht sein. Irgendwie auch ironisch. Wir gehen in ein Café, um das WLAN anzuzapfen - und sehen, dass die Show am selbigen Abend ausgebucht ist. Plötzlich haben wir eine Idee: wir schreiben das Theater bei Facebook an und fragen, ob es noch Tickets für den Abend gibt. Wir bekommen wenige Minuten später eine Antwort. Wir haben Glück - wir bekommen zwei Sitzplätze (ohne Essens-Show) für nicht mal 15 Euro! Wir fragen noch einmal nach. Aber es sind tatsächlich nur 950 Pesos. Wir bestätigen die Reservierung und sind gespannt, welche Plätze wir ergattern konnten...vielleicht draußen vor dem Fenster. Aber wir bleiben im Vertrauen und sind glücklich, dass wir überhaupt die Show sehen dürfen. Und irgendwie sind wir auch erleichtert, dass wir das Essens-Paket nicht inklusive haben. Denn eigentlich hat sich unser Bauchgefühl die ganze Zeit stark dagegen geäußert, wir wollten nur nicht darauf hören.


In den Stunden vor der Show machen wir uns in unserer Unterkunft so schick, wie es unsere Reiseklamotten erlauben und suchen uns ein Restaurant in der Nähe des Theaters. Denn die Show beginnt für uns erst um 22 Uhr. Unser Ziel ist ein kleines, veganes Restaurant, geführt von einem jungen Paar. Konzepte, wie wir sie mögen. Wir schlendern durch die mittlerweile dunklen Straßen und laufen erst am Restaurant vorbei. Beim zweiten Anlauf erkennen wir den Grund - es hat geschlossen. Alles ist dunkel. Menno! Wir schauen uns um. Was machen wir nun? In einiger Entfernung sehen wir ein schlecht beleuchtetes Lokal. Wir gehen langsam darauf zu. Irgendwie macht es keinen gemütlichen Eindruck. Man kann kaum etwas durch die abgedunkelten Fenster erkennen. Ist es überhaupt ein Ort, an dem man etwas zu Essen findet? Auf dem Schild steht "The Prancing Pony". Ist das nicht die Bar aus der "Herr der Ringe"-Reihe? Auf einer kleinen Karte lesen wir eine einige Gerichte und Getränke. Wir versuchen es. Zur Not können wir ja wieder umkehren.


Was sollen wir sagen. Unverhofft entdecken wir unsere absolute Lieblingsbar. Hier verstehen wir z.B. nicht, warum diese nirgendwo erwähnt wird. Es gibt Craftbier von lokalen Brauereien, kostenlose Erdnüsse zum Knabbern und hausgemachtes Essen - überbackene Pommes, Burger und HotDogs und auch vegetarische Alternativen. Wir sind im Himmel! Wir probieren uns durch die Craftbiere, trinken vier an der Zahl (zusammen) und schlemmen Burger und Pommes. Nebenbei entdecken wir ständig neue Details und Feinheiten in der Bar - das Auge Mordors, die Flaggen und Waffen der verschiedenen Königreiche. Welche geniale Idee! So eine Bar hätten wir gern in Deutschland.

Fotos: Wir landen in einer Bar namens "the prancing pony" - ausgerechnet zur Happy Hour. Welch ein Glück!


Leicht beschwipst und auf die Minute pünktlich besuchen wir dann die Tango-Show. Der Saal ist voll. Wir hören Stimmengemurmel und Geschirrklappern. Wir werden zu einem Tisch neben einem abgetrennten Bereich für die Zuschauer geführt, die gerade den Hauptgang serviert bekommen. Neben uns sitzt ein Ehepaar, offenbar sind wir nicht die einzigen, die auf das 5-Gang-Menü verzichten. Wir staunen über die Nähe zur Bühne, wir sitzen tatsächlich recht weit vorn und haben einen tollen Blick. Auch ein Getränk haben wir frei. Für uns ein gelungener Abend - wir sehen eine klassische Tango-Show ohne ein Essen, mit dem wir uns nicht wohlgefühlt hätten. Wir lehnen uns zurück und genießen die Show.


Fotos: Wir sehen eine Tango-Show in der Esquina Homero Manzi und sind begeistert.



Wir verlieben uns jeden Tag ein wenig mehr in diese Stadt. Sie wirkt so elegant und dynamisch. Für einen unserer letzten Tage haben wir uns noch eine weitere, besondere Stadtführung ausgesucht. Denn wir wissen auch, dass die Kluft zwischen Arm und Reich deutlich spürbar ist. Verlässt man das Zentrum, erreicht man schnell Viertel, die von rostenden Dächern anstatt von prächtigen Villen geprägt sind. Baumbestandene Avenidas werden zur Seltenheit, dafür steigt der Geruch nach Exkrementen und zugemüllten Straßen in der Luft. Hier wohnen viele der sogenannten Cartoneros – Menschen, die durch die Stadt ziehen, um verwertbaren Müll wie Pappe und Papier zu finden, den sie verkaufen können. So verdienen sie sich ihren Lebensunterhalt. Andere versuchen es in der Ubahn, indem sie Süßigkeiten oder Gebetssprüche verkaufen oder einfach um Spenden bitten. Unser Spanisch ist zu schlecht, um den gesamten Inhalt der kurzen Reden zu verstehen, aber die Gesten sind eindeutig. Stumm werden jedem Mitfahrer die Produkte auf den Schoß gelegt und bei der zweiten Runde wieder eingesammelt – oder gegen Geld eingetauscht. Die meisten Mitfahrer ignorieren sie, oder lehnen direkt ab. Manchmal sehen wir, wie jemand sowohl Produkt als auch das Geld gibt.

Wir fahren in den Stadtteil La Boca. Allein die Anfahrt macht den Unterschied deutlich – denn das Viertel ist nicht sonderlich gut an das Ubahn-Netz angeschlossen. Insgesamt 45 min sind wir mit UBahn, Bus und zu Fuß unterwegs, bis wir uns am Startpunkt der Führung befinden. In den nächsten zwei Stunden erfahren wir viele interessante Informationen über die Geschichte von Argentinien und insbesondere dieses Stadtviertels.


Zwei Farben stechen uns sofort ins Auge: Blau und Gelb, die Farben des Boca-Junior-Fußballvereins, der stärkste Fußballverein in Argentinien und einer der führenden in Südamerika. Heimspiele werden im quietschbunten Stadion La Bombonera ausgetragen. Hier spürt man, wie wichtig Fußball für die Menschen ist.

Fotos: Nicht nur das Stadion "La Bombonera" der Boca Juniors ist in Blau und Gelb gehalten. Auch die umliegenden Straßen, Busse und Gebäudefassaden sind in diesen Farben gestaltet.


Da uns das Land so fasziniert, möchten wir auch ein wenig auf seine Geschichte eingehen. Wir reisen zurück ins beginnende 16. Jahrhundert. Die Spanier kolonisieren Argentinien von zwei Seiten – von Peru im Nordwesten aus und vom Atlantik am Rio de la Plata (hierzu gehört auch Buenos Aires). Die Unabhängigkeitserklärung vom 25.05.1810 führt zu einem landesweiten Befreiungskrieg gegen die Spanier. Die tatsächliche Unabhängigkeit wird 1816 in San Miguel de Tucumán erlangt. Die Jahre bis 1880 sind von Diktaturen und Bürgerkriegen geprägt.

Die darauffolgenden Jahrzehnte sind geprägt von Einwanderungen verschiedener Nationen. Mehr als 1 Million Menschen, vor allem aus Spanien und Italien, kommen nach Buenos Aires. Das macht Buenos Aires so besonders und vielschichtig. Es ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Kulturen und Religionen. Es überwiegt jedoch das europäische Flair, weshalb Buenos Aires auch als das Paris Südamerikas bezeichnet wird. Eindrucksvolle Szeneviertel, prachtvolle Villenbauten, Avenidas und Luxuswohngegenden entstehen im Zentrum. Es kommt zu einem Wirtschaftsboom.


Im 18./19. Jahrhundert entwickelt sich Buenos Aires zu einem der größten Handelszentren Südamerikas. Von Buenos Aires aus wird das ganze Land gelenkt und regiert. Der älteste Platz ist der bereits erwähnte Plaza de Mayo, auf dem Versammlungen und Demonstrationen stattfinden. Oder Menschen bejubelt werden. So z.B. Eva Perón, die zweite Frau des Präsidenten Juan Perón, die als erste politisch aktive Frau großen Einfluss auf die Rolle der Frauen in der Gesellschaft sowie deren Rechte ausübt. Auch für ihr Engagement für die Armen des Landes wird sie landesweit verehrt.

Juan Perón wird 1946 als Volksheld zum Präsidenten gewählt. Argentinien ist während des Zweiten Weltkrieges offiziell neutral, unterstützt gegen Kriegsende jedoch die Alliierten. Zahlreiche Europäer flüchten nach Argentinien. Auch viele Nationalsozialisten finden Unterschlupf in Südamerika.


Die Zeit bis 1983 ist geprägt von Instabilität und Diktaturen. Wirtschaftliche Probleme und Inflation nehmen zu. So kommt es 1976 zu einer Militärdiktatur, die mit offenem Staatsterror regiert. Dies führt zu zahlreichen Entführungen, vor allem von Studenten. Schätzungsweise 30.000 Menschen verschwinden in dieser Zeit, die als „desaparecidos“ (die Verschwundenen) bezeichnet werden. Deren Mütter lassen sich den Protest nicht verbieten, schließen sich auf dem Plaza de Mayo zusammen und fordern Erkenntnisse über den Verbleib ihrer Kinder. Sie gehen mit ihren weißen Kopftüchern als „Madres de Plaza de Mayo“ in die Geschichte ein. Sie werden zu einer nationalen Institution und etablieren eine eigene Zeitung und einen Radiosender. Auch heute noch setzen sie sich für Aufklärung und die Verfolgung der Verantwortlichen der Militärdiktatur ein.

Bis heute ist das Land von wirtschaftlichen Turbulenzen geprägt. Die Demokratie ist zwar wiedergekehrt. Aber die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung und ein Entgegenwirken des weiter ansteigenden Wertverlustes des Pesos sinkt, die Angst vor der zunehmenden Armut steigt.


Im Stadtteil La Boca ist die Geschichte deutlich spürbar. Viele Wände sind mit Graffitis versehen, die auf das Ereignis der protestierenden Mütter aufmerksam machen. Im Kulturzentrum Recoleta haben wir zu Beginn unserer Zeit hier in Buenos-Aires eine Liste mit Orten gefunden, an denen Menschenrechtsverbrechen begangen wurden. Der erste aufgeführte Begriff ESMA steht für das größte geheime Haft- und Folterzentrum in Buenos Aires. In dieser Marine-Mechanikerschule wurden schätzungsweise mehr als 5.000 Menschen gefangen gehalten, gefoltert und ermordet.

Neben der Liste hängt ein gerahmtes Foto an der Wand mit aufgelisteten Konzentrationslagern in Deutschland - Aufschrift: Orte des Schreckens, die wir niemals vergessen dürfen. Nun verstehen wir den Zusammenhang.

Fotos: "Orte der Erinnerungen, die wir nie vergessen dürfen", Projekte zum Andenken an die Menschenrechtsverbrechen während der Militärdiktatur im 20. Jh.



Während der Stadt-Führung erfahren wir außerdem, dass La Boca das spanische Wort für "der Mund" steht. Gemeint ist die Einmündung in den Fluss Rio de la Plata, die sich hier vor der Stadt erstreckt. Wir erfahren, dass in diesem Stadtviertel auch heute noch mehrere 100.000 Menschen keinen Zugang zu den städtischen Abwasserkanälen haben, was wir kaum glauben können.

Fotos: Auf dem unteren Bild sieht man ein Boot, das Müll aus dem Wasser fischt. Dieser Abschnitt gehörte zu den dreckigsten Gewässern der Welt. Deshalb war es ein Durchbruch, als vor wenigen Jahren der 1. lebende Fisch hier gefunden wurde.



La Boca ist ein historisch sehr bedeutsamer Ort und deshalb wohl auch der bekannteste Stadtteil von Buenos Aires. Nirgends in der Stadt sieht es so bunt aus wie hier, und das, obwohl dieser Stadtteil zu den ärmeren gehört. Der Guide erzählt uns, dass die Kriminalität in diesem Viertel sehr hoch sei. Nur am Tag zwischen 10 und 18 Uhr sei es halbwegs sicher, weil dann die Menschen ihre Souvenirs & Co an Touristen verkaufen wollen. Nach 18 Uhr wird alles geschlossen, selbst die Polizei soll sich hier dann nicht mehr aufhalten. Wir ziehen die Augenbrauen hoch, weil wir vorher nicht wussten, in welches Pflaster wir uns hier begeben. Naja, bis 18 Uhr ist es ja noch eine ganze Weile.


Ende des 19. Jahrhundert wurde der Stadtteil von Immigranten gegründet. Überwiegend junge, männliche Italiener suchten hier ihr Glück als Hafenarbeiter. Sie lebten in einfachen Wellblech-Häusern, die sie mit übrig gebliebenen Schiffsbau-Materialien bauten und die sie sich mit anderen Arbeitern teilten. Arbeit gibt es aufgrund der Einwandermassen zu wenig. Die Menschen flüchten sich in die Kriminalität und die Bordelle. Und in den Tanz. Hier in La Boca entstand der Tanz, für den Argentinien bekannt ist, der Tango.


Unser Guide erklärt uns, dass die Ursprünge des Tanzes darin lagen, dass die Männer vor den Bordellen Schlange standen. Sie vertrieben sich die Zeit bis zum bezahlten Schäferstündchen, indem sie miteinander tanzten. Dabei haben sie versucht, sich gegenseitig aus dem Gleichgewicht zu bringen, um in der Reihe Plätze gut zu machen.


Der Grundstein für den Tango war gelegt. In dem von Männern dominierten Ort war der Tanz für viele eine der wenigen Möglichkeiten, den wenigen Frauen nahe zu kommen - im leicht anrüchig wirkenden, aber sehr eleganten Tanz, in dem sie sich ausdrücken und ein wenige Lebensfreude spüren können. In diesem Viertel wächst auch der König des Tango auf - Carlos Gardel, der berühmteste Tangosänger der Welt.


Fotos: Die bunten Häuser im Stadtteil La Boca sind berühmt für die ganze Stadt. Das untere Bild zeigt die Bedeutung der Feuerwehr hier im Viertel. Denn lange war es nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Aus diesem Grund haben die Menschen versucht, illegal und eigenhändig ihre Wohnungen an das Netz anzuschließen - was oft zu Bränden führte.


Und die anfänglichen Bedenken über mögliche Raubüberfälle und Express-Entführungen waren bereits innerhalb der ersten Tage vergessen. Während wir anfänglich noch mit Geldgürteln und falschen Geldbörsen durch die Straßen gingen, haben wir am Ende auch Rucksäcke getragen und sind Taxi gefahren. Ob man sich sicher fühlt oder nicht, liegt an einem selbst. Aber egal, was andere einem sagen - man sollte sich davon nicht beirren lassen und stattdessen seine eigenen Erfahrungen machen und auf sein Bauchgefühl hören. Etwas Neues wagen, unvoreingenommen und ohne die Meinungen anderer. Es für sich selbst erleben, und mit den eigenen Sinnen wahrnehmen. Das ist das, was zählt.


Übrigens haben wir uns um mich (Sandra) nie Sorgen gemacht - es ist eher wie in Uruguay - Lukas wurden viel eher schöne Augen von den argentinischen Herren gemacht. ;)



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