Der Interkulturelle Garten in Rostock
- Losgelöst
- 18. Juni 2020
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Juni 2020
Wo ökologische und soziale Nachhaltigkeit gelebt wird!
Innerstädtische Grünflächen werden immer knapper. Baulücken werden in Wohnraum umgewandelt, anstatt wertvolle Grünstrukturen herzustellen. Dieses Problem kennt man in Rostock gut. Eine grüne Oase bilden die Grünanlagen am Pütter Weg, deren Existenz von einem Bauvorhaben bedroht ist.
Hier liegen Flächen vom Kleingartenverein "Pütter Weg", vom Interkulturellen Garten (nachfolgend kurz IKG) und von der NAJU, der Jugendorganisation im Naturschutzbund (NABU).
Denn eigentlich ist von der Stadt geplant, an diese Stelle Wohnbauten und Bürogebäude zu bauen. Dafür müssten allerdings die gesamte Kleingartenanlage sowie der IKG und die Fläche von der NaJu weichen. Dagegen wehren sich sowohl die Vereinsmitglieder als auch diese der beiden gemeinnützigen Gartenflächen. Alle Fläche haben eine Gemeinsamkeit: sie sind viel mehr als Gärten.
Diese Flächen bieten einen Zufluchtsort mitten in der Stadt. Sie sind Anlaufstellen für Menschen mit fehlenden, sozialen Kontakten. Sie helfen gegen Vereinsamung.
Wir haben den IKG und die NAJU besucht und möchten euch hier den IKG vorstellen:

Was ist der Interkulturelle Garten Rostock?
Als wir vor unserer Ankunt in Rostock recherchieren, welche nachhaltigen Projekte es in der Stadt gibt, kommen wir um einen Verein nicht herum: Ökohaus e.V. Rostock.
Von ihm entstand 2011 der interkulturelle Garten. Auf ca. 5.000 m2 Fläche gärtnern hier über 70 Menschen aus 10 Kulturen gemeinsam, und nicht nur das: der Garten bildet einen sozialen Treffpunkt, bei dem der zwischenmenschliche Austausch an oberer Stelle steht.
Dabei ist es egal, wie jung oder alt man ist und wie grün der eigene Daumen ist. Jeder ist Willkommen. Es ist ein Gärtnern ohne Grenzen - denn es ist egal, woher man kommt und in welcher körperlicher Verfassung man ist. Unter den Mitgliedern finden sich auch körperlich oder geistig behinderte Menschen.
Jeder kann für sich selbst entscheiden, ob er sich an den Gemeinschaftsbeeten beteiligt oder sich selbst an einer eigenen Parzelle versuchen möchte - und jeder gibt finanziell das, was er geben kann und möchte.




Was ist das Besondere am IKG?
Was den Mitgliedern besonders gut gefällt: sie haben die Freiheit, ihre Beete selbst zu gestalten. Es gibt keine Vorlagen, wie und wann Un- bzw. Beikraut gezupft werden muss oder was grundsätzlich angebaut werden soll. Man kann hier frei experimentieren und seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Als wir durch den Garten schlendern, fällt uns besonders auf, dass man besonders von dem kulturellen Austausch profitieren kann. Bei Mitgliedern aus Vietnam sehen die einzelnen Beete z.B. ganz anders aus als bei den syrischen Mitgliedern. Andere Kulturen, andere Anbauweisen. Hier lernt man viel mehr als nur Kartoffeln anzubauen.
Apropos Kartoffeln, auf einer Fläche wird gerade nach einer platzsparenden Anbauweise gesucht. In einem Kartoffelturm wurden dabei so viele Kartoffeln gesteckt wie auf der benachbarten Fläche. Wenn der Ertrag später vergleichbar ist, wäre dies eine platzsparende Alternative.
Zusätzlich zum Gärtnern finden auch Feste statt, um z.B. die Ernte in köstlichen Leckereien zu verwandeln oder im selbst gebauten Lehmofen Pizza zu backen.


Fotos: Links vorn im Bild sieht man den Kartoffelturm, rechts dahinter ist das Kartoffelbeet mit der gleichen Anzahl an Kartoffeln.
Was macht das Projekt nachhaltig?
Das Projekt ist so einzigartig, weil keine chemischen Mittel zum Düngen oder zur Unkrautbekämpfung eingesetzt werden. Für die Düngung wird eine selbst angesetzte Brennesseljauche verwendet. Außerdem gibt es ein ausgeklügeltes Kompostiersystem.
Es gibt keine versiegelten Wegflächen; für die Strukturierung sind Obstbäume angepflanzt worden, für die menschlichen Bedürfnisse gibt es eine Komposttoilette.


Besonders schön ist auch die Outdoor-Küche. In der offen gestalteten Holz-Vorrichtung finden sich Geschirr und Aufbewahrungsmöglichkeiten, um die Ernte mit nach Hause zu nehmen. So kann Plastik eingespart werden.
Falls es die Ernte überhaupt bis nach Hause schafft. Denn es wird auch viel vor Ort gekocht und genascht. Dass die Ernte dabei geteilt wird, ist eine Leitprinzip des Gartens. Alle packen mit an und alle sollten davon etwas haben. In unseren Augen ist das auch sozial nachhaltig.
Welche Herausforderungen gibt es?
Herausforderungen gibt es immer. Dass hier so viele unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen, ist inspirierend, aber hier müssen auch unterschiedliche Gewohnheiten und Meinungen unter einen Hut gebracht werden. Es gibt deshalb regelmäßige Plenumssitzungen für einen ständigen Austausch bzgl. Anregungen, Wünsche und Veränderungsvorschläge.
Auch die Finanzierung ist nicht so einfach. Da es keinen festen Mitgliedspreis gibt, kann die Kostendeckung nicht immer zu 100 % gewährleistet werden. Der Verein ist deshalb auf Spenden angewiesen.



Welche Wünsche hat der IKG?
Durch das geplante Bauvorhaben ist unsicher, ob die Flächen auf dem Standort bleiben dürfen. Wird der Bebauungsplan durchgesetzt, müssen die Flächen aufgegeben werden. Alles bereits Gebaute müsste abgerissen werden und an anderer Stelle neu gebaut werden. Wie ein solcher Umzug aussehen soll, weiß niemand.
Die Mitglieder und Vereinsvorstände wünschen sich also eine gesicherte Zukunft mit einem gesicherten Standort, um weiter an ihrem Traum von einem ökologischen, sozialen und kulturellen Austausch an einem nachhaltigen Zufluchtsort mitten in der Stadt festhalten zu können.

Kann man sich das Ganze mal anschauen?
Und ob! Für alle Interessierten gibt es jeden Sonntag die Möglichkeit, beim Garten vorbeizuschauen - einfach hingehen und selbst ein Bild machen, oder auch direkt mit loslegen.
Wie können wir euch sonst unterstützen?
Wenn ihr in der Nähe wohnt, könnt ihr aktives Mitglied werden. Ansonsten könnt ihr auch eine Fördermitgliedschaft führend, indem ihr monatlich Spenden überweist, oder ihr könnt direkt spenden.
Informationen dazu können unter diesem Link aufgerufen werden: https://oekohaus-rostock.de/verein/aktiv-werden/spenden/
Falls alle, die beim Garten tatkräftig mitwirken möchten, egal ob persönlich oder in Form einer Spende, gibt es hier alle wichtigen Infos:
Website: https://oekohaus-rostock.de E-Mail: garten@oekohaus-rostock.de

Unser Losgelöst -Podcast
Wir haben auch ein Interview mit Anett geführt und euch hier als Podcastfolge zur Verfügung gestellt:
Hört doch mal rein in unsere aller erste Podcast-Folge. 😊
Im nächsten Beitrag geht es um die Wiesenfäche von der NAJU!
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